Sommerlochbuchparade: Traumberufe

Das Buch Traumberufe (Affiliate Link) von Cai Schmitz-Weicht und Ka Schmitz mag ich nicht nur, weil es schön ist – sondern weil es auch gut tut.

Alle Kinder, die ich kenne, lieben es darüber nachzudenken, was sie später mal werden wollen. Die Klassiker sind wohl Feuerwehrmann, Ärztin, Polizist oder Ballerina.
Bei mir schwankte es zwischen Tierärztin und Dinosaurierforscherin, bei der Tochter zwischen Tierärztin, Architektin und Künstlerin. Und der Sohn wollte sich dazu nie äußern, ich habe aber so eine Ahnung, was er als Kindergarten- und Grundschulkind gerne werden wollte. Füge mich aber seinem Schweigen :-)

Natürlich gibt es bereits unzählige Bilderbücher über Berufe – und einige geschenkte Bücher aus dieser Thematik schenkte ich auch gleich weiter. Irgendwann ist es auch mal gut mit Baggerfahrer- und Krankenschwestern-Fantasien.
Das Buch „Traumberufe“ ist da erfrischend anders: Hier gibt es Mädchen, die Lichttechnikerin, Architektin, Kranfahrerin oder Pilotin werden wollen.

Und Jungs die von Berufen wie Erzieher, Käferforscher oder Reiseleiter träumen.

Sogar das Thema Arbeitslosigkeit wird angesprochen – und zwar kinderleicht verständlich.
Im ganzen Buch findet ganz nebenbei auch noch Vielfalt statt: Lisa, die Architektin werden will, sitzt im Rollstuhl und will Treppenhäuser ohne Stufen bauen.

Und Adila, die zukünftige Pilotin, ist eine Person of Color.
Dazu ist das Buch auch noch zweisprachig – wie alle Bücher des viel & mehr-Verlages. Wir haben uns spontan für die Deutsch-Türkische Ausgabe entschieden.

Ohne speziellen Grund, einfach so, damit man einfach mal ein bisschen türkischen Text hat und vielleicht sogar mal ein Wort wiedererkennt. Eine tolle Art, Kinder spielerisch an andere Sprachen heranzuführen.
„Traumberufe“ ist ein Pappbilderbuch für Kinder ab 2-3 Jahren, macht aber auch 5-6-Jährigen gewiss noch großen Spaß!

Ich wünsche mir noch viel, viel mehr Bücher dieser Art!
Mein Tipp: Schaut euch auf der Verlagsseite viel & mehr um – da gibt es noch weitere tolle Bücher dieser Art zu entdecken.

Sommerlochbuchparade: Mama, ich mag dich…

Heute zeige ich euch ein Buch, dass meine Tochter immer besonders gerne mochte: „Mama, ich mag dich …“

Komako Sakai ist eine wunderbare japanische Autorin und Illustratorin – und wir haben noch 3 weitere schöne Bücher von ihr.
Ihre Illustrationen sind ganz eigen, haben einen etwas wilderen Strich – und passen perfekt zu dieser Geschichte.

Es geht um ein Hasenkind, das erlebt, was viele Hasen- und Menschenkinder erleben müssen: Dass Mama manchmal wirklich nervt!

Sie schläft sonntags zu lange, schimpft, wenn das Hasenkind im Badezimmer alles vollplanscht, hetzt das Hasenkind – und steht dann stundenlang mit ihren Freundinnen rum und quatscht.

Was geht in einem Kind vor sich, wenn der liebste Mensch der Welt manchmal einfach so blöd ist, dass man ihn verlassen will und niemals wieder kommen!

Komako Sakai erzählt in dem Buch sehr feinfühlig vom Hin und Her der Gefühle.
Und ganz wichtig: Dass Gefühle wie Wut nicht gewertet oder gar verurteilt werden sollten. Dass sie manchmal da sind – aber auch wieder vergehen. Und nichts an der unendlichen, ozeanweiten und himmelshohen Liebe zwischen Mama und Kind verändern.

Ich habe meine Tochter vorhin nochmal gefragt, warum sie ausgerechnet dieses Buch immer so mochte. Und sie sagte: „Ja, in anderen Büchern, da sind die Mamas immer ganz perfekt und fehlerfrei. Aber das sind sie in echt eben gar nicht. Und da fühlt man sich als Kind auch mal gut, wenn das so gezeigt wird. Und zum Schluss ist dann ja alles wieder gut. So wie im wahren Leben.“

Wie das Happy End aussieht – müsst ihr selber nachschauen. :-)

Aus Diversity-Sicht finde ich es übrigens gut, dass hier nur ein Elternteil gezeigt wird. Es bleibt offen, ob es sich um eine alleinerziehende Mutter handelt. Oder ob der Vater gerade nur nicht da ist. Ob das Hasenkind ein Junge oder ein Mädchen ist, weiß man auch nicht.
Das lässt Interpretationsraum für verschiedene Familienkonzepte und viele Identifikationsmöglichkeiten.

Für Kinder ab 4.

 

Sommerlochbuchparade: Amelia Earhart

Jedes Kind braucht männliche und weibliche Helden*innen.
Männliche Helden gibt es jede Menge, bei weiblichen muss man schon etwas suchen.

Einer der Lieblingsheldinnen meiner Tochter und mir ist Amelia Earhart.
Nicht nur war sie eine wagemutige und kühne Frau, für die ein gutes Abenteuer wichtiger war, als sich von Gefahren entmutigen zu lassen. Um ihren Lebenstraum – Pilotin zu werden – zu verwirklichen, musste sie sehr hart arbeiten. Ihre Eltern waren ganz und gar gegen die Pläne der damals ungewöhnlichen Tochter, die sich schon immer mehr für Männerberufe interessierte und auf keinen Fall Kinder bekommen wollte – weil das zu „zeitaufwendig‘ wäre. Und so verwehrten die Eltern ihr jegliche finanzielle Unterstützung.
Amelia setzte sich für die Rechte von Mädchen und Frauen ein, war gegen das traditionelle Erziehungssystem, kämpfte für die Zulassung von Frauen an technischen Universitäten und generell für die Stellung der Frau in technischen Berufen – und bewies regelmäßig, dass Frauen Männern in nichts nachstehen. So war sie zum Beispiel der erste Mensch, der zweimal den Atlantik überflogen hatte.
Es lässt sich noch viel, viel mehr über das Leben der famosen Amelia Earhart erzählen – und deshalb freute ich mich ganz besonders, als ich dieses Buch fand: „Little People, Big Dreams: Amelia Earhart“.

Bisher gibt es das Buch noch nicht in Deutsch – aber der englische Text ist so kurz und leicht zu verstehen, dass man es gleich als Gelegenheit nutzen kann, den Kindern ein bisschen auf Englisch vorzulesen und dann zu übersetzen. Schließlich ist Englisch ja auch Amelias Muttersprache.

Ich kann das Buch gar nicht genug bewundern. Mir wäre es tatsächlich schwer gefallen, Amelias Leben so kurz zusammenzufassen, aber die „Autorin mit dem wirklich langen Namen“ :-) hat das toll geschafft. Und die Illustrationen der Künstlerin Mariadiamantes sind ihrem Stil entsprechend gleichermaßen minimalistisch, wie farbenfroh und anheimelnd (mir ist es tatsächlich immer sehr wichtig, ob man sich in einem Buch „Zuhause fühlen“ kann).

Geht mit Amelia Earhart auf eine Reise – ohne Wiederkehr. Denn Amelias Leben endete so passend geheimnisvoll und ungeklärt, als hätte man ihr diese Lebensgeschichte auf den Leib geschrieben.

Und statt eines Grabsteins, gibt es für Amelia einen Signalturm auf einer einsamen Insel.
Für alle, die Amelias Lebensgeschichte nicht so gut kennen, möchte ich nicht zu viel verraten. Denn es ist alles in dem wunderschönen Buch zu finden: Als gezeichnete Geschichte und zum Schluss als Zeitleiste mit original Fotos von Amelia.

Die Bilder des Buches sind übrigens auch perfekt für Kinder geeignet, um einfach darin herum zu blättern und alleine zu schauen. Ab ca. 4 Jahren geeignet.

Sommerlochbuchparade: Schnip

Eines meiner Herzensbücher, weil es nicht nur ganz zauberhaft illustriert ist, sondern auch ganz unaufgeregt und ermutigend eine Geschichte über Ängste erzählt, ist das Bilderbuch „Schnip„.

Cover des Buches Schnip

Für die Geschichte von Claudia Lagermann hat die Illustratorin Hanneke Siemensma eine wunderbare kleine Tiergesellschaft entwickelt: Einen Vogelschwarm, einen Maulwurf, eine Mäusin, einen Frosch, ein Eichhörnchen und einen Igel.

Und zu jenem Vogelschwarm gehört der Vogel Schnip, der ein Problem hat: Er hat Angst vorm Fliegen.

Als die anderen Vögel sich vorm Winter auf die lange Reise in den warmen Süden machen – bleibt Schnip allein zurück.

Die Angst ist einfach zu groß.
Während es immer kälter wird, lernt er nacheinander den Frosch, das Eichhörnchen, die Maus und den Igel kennen – und hilft jedem von ihnen bei einem Problem. Denn Schnip ist schon ein schlauer und kompetenter Vogel – nur das Fliegen traut er sich nicht zu.
Schließlich kuschelt er sich mit dem Maulwurf zusammen in dessen Bau und sie verschlafen zusammen den ganzen langen, kalten Winter.

Eigentlich hätte das Buch auch mit diesem gemütlichen Bild enden können – denn das Problem, wie Schnip den Winter überlebt, ist ja gelöst.
Aber es passiert noch so einiges! Und das müsst ihr selbst lesen.

Ein wirklich wunderbares Buch über Ängste und wie man damit umgeht, dass Druck sowieso nichts bringt – und wie man Alternativen findet.
Für Kinder ab 4 Jahren.

Sommerlochbuchparade: Beste Freunde

Für einen erwachsenen Menschen besitze ich unpassend viele Kinder- und Bilderbücher.
Und es werden ständig mehr.
Statt Schuhen, Schmuck und Taschen – kaufe ich mir, wenn mal etwas Geld für mich übrig ist, lieber ein neues Kinderbuch.
Deshalb bereite ich auch gerade zusammen mit großartigen Menschen in diesem Jahr ein Kinderbuchfestival vor – aber dazu ein anderes Mal mehr.

Für alle, die in den Urlaub gefahren sind und ein bisschen Unterhaltung benötigen – und die, die nicht in den Urlaub fahren können und etwas Aufmunterung brauchen, gibt es hier und dort und dort jetzt einen Monat lang all‘ meine gesammelten Kinderbücher.
Hoffentlich sind sie für euch, eure Kinder, Enkelkinder, Nichten und Großneffen, Nachbarskinder und alle, die ein gutes Kinderbuch zu schätzen wissen, eine willkommene Anregung.

Ich starte mit einem Buch, das ich sehr mag – auch wenn es ein schwieriges Thema behandelt: Freundschaften und Eifersucht.

Foto des Buchcovers "Beste Freunde"

Was tun, wenn der beste Freund plötzlich lieber mit einem anderen Kind spielen mag? Wie fühlt man sich dabei?

Das Buch  Beste Freunde  der Autorin Linda Sarah erzählt in der für den Illustrator Benji Davies so typischen sensiblen Bildsprache die Geschichte einer Freundschaft.

Innenansicht des Buches: Zwei Freunde sitzen zusammen.

Und wie Einsamkeit und Eifersucht sich anfühlt.

Ein Junge sitzt alleine auf einer Veranda.

Und ja, natürlich gibt es auch ein Happy End. Aber das müsst ihr euch selbst anschauen!

„Kinderbücher dürfen nicht lügen“

Wie müssen Kinderbücher sein?
Die Tochter antwortet: „Man muss sie verstehen können, sie müssen Spaß machen und sie dürfen nicht lügen!“

So einfach ist das.

Allerdings gibt es ausgerechnet im Bereich der Bilderbücher gar nicht wenige, die eine Welt darstellen, die so nicht existiert. Und dabei geht es nicht um blinkende Sternenfee-Universen, sondern um pseudo-realistische Darstellungen von Bauernhof- und Landwirtschaftsszenen.
Praktisch jedes Bilderbuch, das vom Leben auf dem Land erzählt,  verschweigt schlichtweg wie moderne Tierhaltung tatsächlich stattfindet.
Und wer schon als Kind in seinem Lieblingsbilderbuch sah, wie Kälbchen glücklich in einer Herde auf der Weide stehen und an der Zitze der Kuh-Mama saugen – der glaubt auch später gerne, dass die grünen Wiesen auf den Milchpackungen vom tatsächlichen Leben der Milchkühe erzählen.

Kühe auf einer Wiese

Bild aus einem Kinderbuch oder von einer Milchpackung?

 

Und wem man von klein auf erzählte, dass Ferkelchen sich gemütlich im Heu an die Muttersau kuscheln und tagsüber durch Matschepampe hüpfen dürfen – dem schmeckt seine Wurst viel besser. Vorallem, wenn sie ein lustiges Gesicht hat.

schweinchen

Dieses wirklich schöne Buch von Gerda Muller stammt aus einer Zeit, als das beschriebene Schweineleben noch einigermaßen der Realität entsprach.

 

Es gibt einen sehr interessanten TED-Talk zum Thema Karnismus von Dr. Melanie Joy, Professorin für Psychologie und Soziologie an der  Universität von Massachusetts in Boston. Sie ist ebenfalls Autorin des sehr empfehlenswerten Buches Warum wir Hunde lieben, Schweine essen und Kühe anziehen: Karnismus – eine Einführung.

Ich habe meine Kinder weder zum Veganismus noch zum Vegetarismus erzogen. Auch lege ich großen Wert darauf, dass sie ihre Freunde und Mitmenschen nicht nach deren Ernährungsverhalten beurteilen.
Aber ich möchte meine Kinder ernst nehmen in ihren Ideen, Bedürfnissen und Vorstellungen. Und so möchte ich ihnen die Möglichkeit geben, bewusste Entscheidung zu treffen.

Meine Kinder kennen nicht alle Fakten zum Thema Massentierhaltung. Und soweit ich es weiß, haben sie nie ein Video mit Bildern aus Mastställen und ähnlichem gesehen.
Aber sie wissen, dass „Nutztiere“ nicht artgerecht und frei leben.
Wenn ich meine Tochter frage, wie das Leben eines Schweines aussieht, dann sagt sie „Es lebt in einer großen Halle dicht an dicht mit anderen Schweinen und sieht wahrscheinlich nie die Sonne“.
Das ist zwar nicht die ganze Wahrheit – aber viel näher dran, als das, was wir Kindern üblicherweise durch Bilderbücher, Kinderfilme usw. suggerieren.

Meine Kinder kommen mit zum Einkaufen. Sie tun das nicht gerne – aber ich empfinde es als notwendiges Übel, damit sie zum einen aktiv miteintscheiden können, was wir essen – und zum anderen auch sehen, was Nahrungsmittel kosten und weshalb sie nicht verschwendet oder weggeschmissen werden sollten.
Letztens in einem Supermarkt brachten sie mir einen Eierkarton, auf dem stand, dass den Hühnern, die diese Eier gelegt hatten, NICHT die Schnäbel abgeschnitten worden waren.
Was bei ihnen natürlich entsprechende Fragen aufwarf.
Auf Eier hatten sie keinen Appetit mehr – auch wenn ich die Kükenschredderangelegenheit gar nicht erzählte.

Meine Kinder waren schon mal sauer auf mich, als sie das Gefühl hatten, ich hätte sie angelogen.
Die täglich radiohörende Tochter hatte einen Bericht über die Lebensbedingungen von Neuland-Tieren gehört und fand, ich hätte ihnen da etwas vorgemacht, da es diesen Tieren ja kaum besser ging als jenen aus Massentierhaltung.
Ich kann diese Reaktion gut verstehen und versuche ständig den Balance-Akt zu schaffen zwischen: Den Kindern keine Essensvorschriften zu machen (mal abgesehen von „Keine Chips und Schokolade zum Mittag“ ;-)), sie aufzuklären ohne ihnen den tatsächlichen Horror zu offenbaren und ihre Entscheidungen mitzutragen.

Buch-Cover

Ich freue mich sehr über Bücher wie dieses: Die Welt der Tiere: Sehen & Verstehen.
Abgesehen von unzähligen spannenden und auch für mich neuen Infos rund ums Tierreich wird hier nichts beschönigt.
Im Gegenteil: Es werden einige Problemthemen – wie Klimaerwärmung und die Bedrohung des Regenwaldes – kindgerecht erklärt. Ohne bei den ernsten Themen ein beklemmendes Gefühl aufkommen zu lassen.
Stattdessen fühlt man sich die ganze Zeit wie ein Entdecker, dem allerhand Geheimnisse offenbart werden. Ehrlich gesagt kann ich mich gar nicht genug über dieses fantastische und schön illustrierte Buch freuen!

weltdertierei

Die Tochter fand lediglich, dass es einige unnötig schwere Worte im Text gab bzw. entsprechende Erklärungen fehlten. Da muss ich ihr leider zustimmen.
Denn Begriffe wie u.a. „zentrales Nervensystem“, „Enzyme“ und „Rezeptoren“ hätten Achtjährigen wirklich in einem kurzem Satz erklärt werden können.
Trotzdem: Absolute Kauf-Empfehlung!

(Altersstufe: 8 – 12 Jahre)